Urbanisierung als Herausforderung

Wie begegnen wir
dem Wachstum der Städte –
Zwei Modelle

Die weltweite Urbanisierung gehört zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Mega-Cities wie Tokio, Mexiko-City, Mumbai oder auch die chinesischen Boom-Städte wie etwa Guangzhou oder Shenzen sprengen alle Grenzen. Doch es lohnt auch ein Blick  abseits der Rekordcities. Denn auch in mittleren Großstädten ist man mit der Aufgabe konfrontiert, Wachstum in zukunftsfähige Bahnen zu lenken. Wir betrachten zwei Beispiele von zwei unterschiedlichen Kontinenten – Sydney und Hamburg. 



Wachsen – aber wohin? So könnte man die Frage auf einen Punkt bringen, die sich Stadtentwicklern rund um die Welt stellt. Wachstum zu lenken, heißt dabei nicht weniger als  Städte fit für die Zukunft zu machen. Wobei der Begriff „Wachstum“ weit mehr darstellt als die bloße Zunahme an Einwohnern. Vielmehr wird er von weitsichtigen Stadtplanern als Entwicklung hin zu mehr Lebensqualität verstanden.

Sydney und das 3-Städte-Modell
Eine Stadtplanerin, die für mutige Visionen steht, ist Lucy Turnbull. Die Frau des australischen Premierministers war von 2003 bis 2004 Bürgermeisterin von Sydney. Was Prof. Walter für Hamburg ist, ist Lucy Turnbull für Sydney. Nun legt sie ein Konzept vor, dass Down Under für Furore sorgt: Das 3-Städte-Modell.

Hintergrund ist das rasanteverzeichnete die Stadt einen Sprung von ca. 3,6 Millionen auf 4,6 Millionen Einwohner, 2056 wird nach Berechnungen die 8-Millionen-Marke geknackt. Die Fläche der Metropolregion der Stadt umfasst derzeit bereits 12.000 Quadratkilometer. Dabei möchte der typische Australier möglichst im eigenen Häuschen mit Garten wohnen.

Lucy Turnbull

Turnbulls Konzept sieht deshalb ein „Neudenken“ der ganzen Stadt vor, wie sie bei einem persönlichen Treffen im Dezember letzten Jahres darlegte. Aus ein mach drei – so die Idee der Stadtplanerin. Die Struktur der Stadt soll entzerrt werden. Statt einem Zentrum und einem riesigen Vorstadtgürtel entstehen drei mehr oder weniger unabhängige Städte mit eigenem Zentrum.

Die 30-Minuten-City
Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Wege werden kürzer, was wiederum mehr Produktivität, mehr Lebensqualität bei weniger Verkehr und Umweltverschmutzung bedeutet. Ob Arbeit, Schule oder Freizeit – alles soll in 30 Minuten zu erreichen sein. „30-Minuten-City“ nennt Turnbull konsequenterweise ihren Plan.

10 Milliarden A$ fließen allein in den nächsten 5 Jahren in den Umbau der Stadt. Unter anderem ist vorgesehen, das Parlamentsgebäude in einen neuen Stadtteil zu verlegen. Sicher ist: Das Konzept wird die Stadt nachhaltig prägen. Turnbull sieht Sydney gar als kommende Hauptstadt der südlichen Hemisphäre.

Hamburger Leitbild: Nachhaltiges Wachstum
In Hamburg geht man hanseatisch-zurückhaltender vor. Obwohl es an prestigeträchtigen Bauprojekten bekanntermaßen nicht mangelt. Allen voran natürlich die HafenCity, das größte innerstädtische Stadtentwicklungsprojekt Europas. Mit der Umgestaltung ehemaliger Freiflächen im Hafenviertel setzte die Hansestadt weltweit Maßstäbe.

Diese Erfahrung nutzt man nun für die nächste große Neuquartiersentwicklung, die Neue Mitte Altona. Durch die Verlegung des Bahnhofs Altona entstehen mehr als 13 Hektar Freifläche – wiederum mitten in der Stadt. 3.500 Wohnungen sind hier in Planung, in bester, zentraler Lage.

Bereits 2001 wurde von der Behörde für Stadtentwicklung das Leitbild „Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“ vorgestellt. Damit wollte man der wachsenden Bevölkerung mit tragfähigen Konzepten begegnen. Gleichzeitig wird so eine nachhaltige Vision für die Zukunft der Stadt definiert.

Wachsen, aber mit Weitsicht
Denn Hamburg wächst stetig. Sowohl was die Zunahme der Bevölkerung angeht als auch bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze liegt die Hansestadt an der Spitze aller Bundesländer. Natürlich handelt es sich – im Vergleich zu asiatischen Megacities – um ein relativ geringes Wachstum, zur Zeit etwas 5.000 Menschen pro Jahr. Allerdings soll sich die Stadt nicht weiter ausdehnen, und auch das Zentrum nicht weiter belastet werden. Intelligente Konzepte müssen also her.

2010  legte der Senat deshalb das „Leitbild Hamburg: Wachsen mit Weitsicht“ vor. Kern des Ganzen: Der Bevölkerungszuwachs liegt in der hohen Attraktivität der Hansestadt begründet. Diese Attraktivität gilt es zu erhalten. Mit Wachstum, das in die notwendigen Bahnen gelenkt und so den städtischen Strukturen gerecht wird.

Mehr als nur HafenCity
Neben den spektakulären Großprojekten wie HafenCity, Neue Mitte Altona oder auch dem „Sprung über die Elbe“ wird diese Vision auch in vielen kleineren Bauvorhaben umgesetzt. Als Beispiele seien nur der Süderfeld Park in Lokstedt, die Jenfelder Au oder die Glasbläserhöfe in Bergedorf genannt. All diesen Projekten ist gemein, dass sie innerstädtischen Wohnraum nachhaltig inszenieren und behutsam in die Stadt integrieren.

Auch Landmarks wie die Elbphilharmonie oder der nun geplante Elbtower passen in dieses Konzept, ist doch jeweils eine breitgefächerte Mischnutzung vorgesehen. So beinhaltet die  Elbphilharmonie nicht nur ein Hotel, sondern auch Wohnungen und nicht zuletzt die  „Plaza“ als öffentlichen Raum. Ähnliches ist bei dem rund 200 Meter hohen Elbtower geplant. Dieser soll zu einem Treffpunkt für die HafenCity und ganz Hamburg werden.

Die Konsequenz, mit der man in Hamburg an der Vision einer auch in Zukunft lebenswerten Stadt bastelt, ist bemerkenswert. So entsteht eine vielfältige Stadt, die für hohe Lebensqualität in allen Bereichen steht. Innovativ, nachhaltig, international. Mit diesem Verständnis von Wachstum ist Hamburg bestens gerüstet für die Herausforderung Urbanisierung. Und positioniert sich ganz nebenbei als Metropole der Zukunft.